Meine Seele ist ein sturer Esel

Meine Seele kennt meinen Fahrplan und sie mag es überhaupt nicht, wenn ich mich verfahre. Vielleicht schaut sie sich es mal eine Weile an, wenn ich falsch abgebogen bin oder abfahren müsste und die Ausfahrt verpasst habe. Aber irgendwann stoppt sie die Fahrt und dann geht es halt nicht mehr weiter. Da kann ich noch so sehr zetern und versuchen sie mit Argumenten zu überzeugen, genau diesen Weg doch fahren zu müssen. Es interessiert sie nicht. Ich hatte schon öfter mit dieser störrischen Sanftmut Kontakt und weiß, dass es aussichtslos ist, meine Seele dann umzustimmen: Da war der Esel zum Beispiel als ich dabei war zu promovieren. Ich wollte meinen Doktor in Biologie (Mikrobiologie/Genetik) machen. Plötzlich machte sich meine Seele bemerkbar: Meine Arbeit ging mir nur noch schwer von der Hand. Es gab tatsächlich viele Gründe diesen Weg nicht weiter zu verfolgen, denn die Atmosphäre in dem Labor hatte was Trostloses: Die Menschen sahen nicht glücklich aus, mein Doktorvater war vom Ehrgeiz zerfressen und eine benachbarte Arbeitsgruppe experimentierte mit Tieren. Ich fühlte mich nicht wirklich gut! Aber jetzt aufhören? Irgendetwas aufzuhören, was ich begonnen hatte, war mir sehr unangenehm. Ich habe da eine sehr strenge Seite in mir, die dann sehr schwer loslassen kann. Dann das ganze Organisiere, um mich dort rauszulösen und um neu zu beginnen. Außerdem ein Sprung ins Ungewisse, denn ich hatte zunächst keinen Plan B. Meine Seele scheute sich nicht, mir weitere Signale zu senden, um mir auf den richtigen Weg zurück zu helfen: Ich erinnere mich an eine Busfahrt in dieser Zeit, in der ich vor meinem Ziel aussteigen musste, weil mir einfach alles zu eng wurde. Gut ich hatte sie verstanden. Hier war Endstation.

Ich kündigte also und entsann mich, dass ich ja auch noch etwas anderes studiert hatte. Es gab gewisse finanzielle Engpässe, die ich irgendwie zu überbrücken hatte und dann kam die Zusage für ein Referendariat für das Höhere Lehramt trotz Fristüberschreitung doch noch zustande. Es fügte sich langsam alles wieder und meine Fahrt verlief relativ ruhig weiter. Natürlich liebe ich meine Seele und ihre Hartnäckigkeit. Gefühlt ist ein Neuanfang jedoch wie ein Sprung vom Zehnmeterbrett, bei dem ich nicht weiß, was mich unten erwartet. Bisher bin ich immer weich gelandet und es hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst. Ich bin meinem sturen Esel sehr dankbar ! Aktuell ist der sture Esel wieder da und wieder gilt es, Ängste abzubauen und sich einem neuen Lebensabschnitt zu stellen! Was hilft da am besten? Sich alles von der Seele schreiben, meditieren und Blockaden lösen, damit die Fahrt unbeschwert weiter gehen kann!